Nach der Krise bleibt alles anders

Wie Sie es schaffen, Ihre Vorsätze auch umzusetzen

Haben Sie sich für die Zeit „nach Corona“ (wer weiß, wann das ist?) schon ein paar Dinge vorgenommen? Ich schon: Achtsamer und langsamer leben, gesunde Ernährung, mehr Sport und Schlaf, ganz klar. Ab morgen gehe ich wieder Laufen (habe ich während des Lockdowns täglich!), esse mehr Gemüse und gehe rechtzeitig ins Bett. Das hat auch ganz gut geklappt und dann, als die Restaurants wieder geöffnet hatten, … saß ich auf einmal wieder spätabends beim Italiener, mit meinem zweiten Glas Wein in der Hand und dem Dessert fest im Blick  bin ich in alte Gewohnheiten gerutscht.

Ups. Das ging schneller als erwartet.

Bei den guten Vorsätzen bleibt es meistens

Nun frage ich mich natürlich: Woran liegt das? Und vor allem: Warum rutsche ich so schnell in alte Muster? Ich hab mir das doch während der Corona-Zeit alles reiflich überlegt. Habe meine Schwächen ausgelotet und ziemlich genau ausgeleuchtet, weiß woher sie kommen. Ich habe mir bestimmte Muster bewusst gemacht und mir vor allem ernsthaft vorgenommen, etwas zu ändern.

Kennen Sie das? Sie nehmen sich etwas ganz fest vor und nach ein paar Tagen geraten Sie – wie von Zauberhand – wieder in die alten Routinen. Sie haben schon x-Mal versucht, etwas zu ändern und geraten immer und immer wieder in die altbekannten Gewohnheiten?

Mich frustriert das!  

Und Sie?

Wollen Sie vielleicht weniger arbeiten? Hat Corona Ihnen gezeigt, dass es auch anders geht? Weniger zu Terminen reisen? Geth ja auch digital? Oder haben Sie sich vorgenommen, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen? Mehr Sport? Doch der innere Schweinehund ist am Ende doch stärker als Ihre guten Vorsätze?

Bei mir jedenfalls ist das so. Deshalb habe ich mich auf die Suche gemacht, wie ich es dieses Jahr einmal anders angehen kann.

Schauen Sie nicht nach Ihren Schwächen, sondern nach Ihren Gewohnheiten

Eine Antwort gibt mir der Trainer des Boxers Manny Pacquiao, Freddy Roach. Der hat Pacquiao auf seinem Weg begleitet, als einziger und erster in 7 Gewichtsklassen anerkannter Box-Weltmeister zu werden. Auf die Frage, wie dies der durchaus schmächtige Pacquiao geschafft hat, gibt sein Coach eine für meine Frage ziemlich erhellende Antwort: „Ich schaue nicht nach Schwächen, ich schaue nach Gewohnheiten.“ Denn wer nur auf die Schwächen des Gegners schaut, der könnte in eine Falle laufen.

Denn: An Schwächen kann man relativ leicht arbeiten.

Aber die Gewohnheiten des Gegners, so Roach, vor allem die scheinbar „guten“ Gewohnheiten, die wird er nicht so schnell los.

Gewohnheiten machen den Menschen kalkulierbar

Gewohnheiten machen Menschen einschätzbar, kalkulier- und auch manipulierbar. Das nutzen ganze Industrien für sich. Die Gewohnheiten der Menschen, der Nutzer/innen, der Kund/innen werden ausgezählt. Menschen treffen alleine 200 Essensentscheidungen am Tag – die meisten aus Gewohnheit, sagen Ernährungswissenschaftler der Cornel Universität.

Denn: An Schwächen kann man relativ leicht arbeiten.

Aber die Gewohnheiten des Gegners, so Roach, vor allem die scheinbar „guten“ Gewohnheiten, die wird er nicht so schnell los.

Gewohnheiten entlasten und geben Halt

Deswegen sehen ja auch alle McDonalds Filialen gleich aus. Denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier, weil:

1. Gewohntes erleichtert das Leben, es gibt Orientierung und Sicherheit.

Das hat auch etwas sehr Hilfreiches, denn Muster sorgen für Struktur und Klarheit. Nachweislich verbringen wir etwa ein Drittel unseres Wachlebens auf „Auto-Pilot“, Ankleiden, Zähneputzen, zum Büro fahren und und und. Gewohnheiten entlasten und geben Halt.

 

Überlegen Sie mal: Welche Gewohnheiten in Ihrem Alltag sind denn hilfreich? Was entlastet Sie, indem es eingeübt und routiniert abläuft? Und wo genau ist eine Grenze, an der Ihre Routinen dysfunktional werden? Welche Ihrer Routinen tun Ihnen nicht gut?

2. Gewohnheiten fallen meistens dann auf, wenn sie dysfunktional geworden sind

Meine guten Vorsätze habe ich für dieses Jahr nicht getroffen, weil meine Gewohnheiten gut sind, sondern weil sie mir zu viel geworden sind. Sie stören mich und sind gleichzeitig schwer loszuwerden. Vor allem dann, wenn der Schaden den ursprünglichen Nutzen einer Routine zunichte macht. Dadurch wird man unflexibel.

3. Gewohnheiten können ungesund sein

Diese Gewohnheit war vielleicht einmal schön und hilfreich, jetzt erschwert sie jedoch das Leben. Ich trinke zum Beispiel morgens IMMER 2 Tassen Kaffee. Gleichzeitig merke ich jedoch, wenn ich einmal genauer hinschaue, dass er mir weder schmeckt noch gut tut. Trotzdem mache ich es weiter, auch wenn der Magen sich meldet oder mein Herz. Von diesen körperlichen Signalen können Freunde des guten Essens und Trinken ein Lied singen.  Spätestens dann, wenn das zunehmende Gewicht oder die körperlichen Signale nicht mehr überhör- oder sehbar sind.

Die Forschung zeigt: Zur Veränderung von Mustern reicht bloßer Wille nicht aus.

Die Beständigkeit von Gewohnheiten ist Segen und Fluch zugleich. Und vor allem zeigt die Forschung: Der Wille alleine reicht nicht aus, um eine Gewohnheit zu ändern. Wenn ich mir also vornehme, mich gesünder zu ernähren, reicht das nicht. Oder wenn Sie sich vornehmen, weniger zu arbeiten. Denn Gewohnheiten laufen unbewusst ab, das macht sie so praktisch und gleichzeitig so schwierig zu verändern.

Sie wollen etwas ändern? Das Gehirn pfeift Ihnen was!

Das weiß jede*r Raucher*in. Josef Egger, Psychologe und Verhaltensmediziner von der Uni Graz sagt dazu: „Wir halten uns für die Herrscher über unser Handeln. Aber das Gehirn pfeift darauf.“

Übermächtige Gewohnheiten machen krank

So entstehen vor allem auch schwere Leiden, sie sind eine Konsequenz aus übermächtigen Gewohnheiten. Das weiß jeder Raucher.

Hirnphysiologisch lässt sich das leicht erklären, denn Gewohnheiten haben einen anderen Ort als das Bewusstsein, das rationale Denken und der Wille. Wenn Sie sich also in Pandemie-Zeiten willentlich etwas vornehmen, dann tun Sie das an einem Ort in Ihrem Gehirn, der wenig mit Ihren Gewohnheiten zu tun hat. Denn die sitzen viel tiefer, in den sog. Basalganglien.

Gewohnheiten graben sich da ein, wo der Wille ausgeschaltet ist

Gewohnheiten wurden über Jahre erfolgreich eingeübt, durch eine stetige Wiederholung von Kindesbeinen an, graben sich Gewohnheiten in die Basalganglien ein. Deshalb nützen also meine guten Vorsätze so wenig.

Gute Vorsätze alleine sind zu abstrakt

Und sie sind zu abstrakt, das würde zumindest Peter Gollwitzer, Professor für Psychologie an der New York University, dazu sagen. In seiner Untersuchung zur Handlungssteuerung von Menschen in den 1980er Jahren kam er zu dem Ergebnis, dass Menschen mit sehr konkreten Plänen deutlich erfolgreicher sind als Personen mit abstrakten Zielen.

Nehmen Sie sich etwas Konkretes vor!

Statt den Vorsätzen, gesunde Ernährung, mehr Sport und Schlaf, nehme ich mir nun ganz konkret vor, jeden 2. Tag 30 Minuten Laufen zu gehen. Und außerdem verbiete ich mir nichts, denn: Wichtig ist, dass Sie Ihre Gewohnheiten mit etwas Positivem durchbrechen statt sich etwas zu verbieten.

Formulieren Sie Ihr Vorhaben positiv statt sich etwas zu verbieten!

Ich möchte also etwa um 23 Uhr schlafen gehen statt: Ich darf nicht länger als 23 Uhr aufbleiben. Das hätte bei mir zumindest den Effekt, dass ich widerständig werde und spätestens nach ein paar Tagen trotzig bis mindestens 1 Uhr nachts wach bleibe bzw. wieder in meine Routinen falle.

Belohnen Sie sich und seien Sie vor allem nett zu sich!

Wichtig ist bei allen guten Vorsätzen und Versuchen, die eigenen Gewohnheiten zu verändern, dass man nett zu sich ist und bleibt.  Das schreiben wir uns sowieso auf die Fahnen ­– es geht darum, menschlich zu sich und zu anderen zu sein.

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