Wie ich versuche, mit dem schlechten Gewissen als berufstätige Mutter umzugehen

Von „Wo ist denn Ihr Kind, wenn Sie arbeiten?“ über „Du willst schon wieder arbeiten, so kurz nach der Geburt?“ bis hin zu „Du stellst deinen beruflichen Erfolg über dein Kind?!“: In kaum einem anderen Bereich bekommen Frauen so viel ungefragtes Feedback und sind so vielen Urteilen ausgesetzt wie beim Umgang mit der Vereinbarkeit von Familie und Job. Viele Frauen sitzen in unseren Beratungen und erzählen von ihrem schlechten Gewissen – sowohl ihrem Beruf als auch ihrem Kind und ihre*r Partner*in gegenüber. Mich eingenommen!

Autorin: Katharina Ludewig

Ich frage mich oft: Warum soll ich mich als berufstätige Mutter rechtfertigen?

Meine Beobachtung: Das Kind ist da, man soll sich als Mutter freuen. Was da oft ausgeblendet wird ist, dass die Zeit um die Geburt herum wahnsinnig anstrengend ist – körperlich, mental und sozial. Deshalb sollte es eigentlich auch in Ordnung sein, wenn man sich nicht freut. Wenn man in bestimmten Momenten sogar bereut, Mutter geworden zu sein. Ich denke an die Studie (2015) der israelischen Soziologin Orna Donath „Regretting Motherhood“, in der sie herausgearbeitet hat, welche Qualitäten es haben kann, die eigene Mutterschaft zu bereuen – und sie bricht damit mit einem Tabu: Nämlich den sog. „Mutterinstinkt“ eben nicht als naturgegeben hinzunehmen.

Dahinter steckt meiner Einschätzung nach, dass „die Mutter“ als Vorstellung ein Konstrukt ist. Mir hilft das, mich von meinem schlechten Gewissen zu lösen, wenn ich überfordert und gestresst bin.

Muttergefühle sind divers.

Es gibt ein mütterliches Gefühl, ohne Zweifel! Das jedoch ist etwas vollkommen anderes als ein naturgegebener Instinkt. Das Gefühl als Mutter hängt stark von der individuellen Biographie ab und Gefühle sind so individuell – so wie jeder Mensch.

Das aufgeladene „You-can-do-it-all-mother”-Ideal sorgt für massiven Druck

Wenn alle von Orna Donath (2015) befragten Frauen das ausgeprägte Gefühl teilen, in ihrer Rolle als Mutter gefangen zu sein, dann mag ein Grund darin liegen, dass sie das aufgeladene Mutterideal der „do-it-all-mother“ nie erreichen können. Mich eingenommen. Auch ich kann als berufstätige Mutter dem nicht gerecht werden, ich scheitere daran tagtäglich.

In zahlreichen Einzelcoachings zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein identifizierter Hauptstressor für Frauen! Eine Mutter schafft eben nicht alles! Sie ist manchmal unglücklich, sieht furchtbar aus, ist unzufrieden, hat keinen beruflichen Erfolg, kommt nach Hause und will ihre Ruhe statt die sog. „Care-Arbeit“ ganz nebenbei erledigen.

Arbeit und Mutterschaft: Ein unauflöslicher Konflikt? Mutterschaft braucht kein Geschlecht!

Mein größter Konflikt bei der Sache: Ich arbeite gerne und bin dann eben nicht genug Mutter, nicht genügend für mein Kind da. Es ist einer meiner Urängste, keine gute Mutter zu sein. Ich merke immer wieder, die Strukturen lassen nicht zu, beides zu sein. Das zeigt sich auch daran, dass die vielbesagte Vereinbarkeitsdebatte zwischen Arbeit und Mutterleben auch für Väter gilt, die sich aktiv um ihre Kinder kümmern. Mütterlichkeit braucht kein Geschlecht! Umso besser, dass im öffentlichen Dienst und in den Gremien des Bundes bis 2025 die Führungspositionen paritätisch besetzt werden sollen.

Was auf persönlicher Ebene hilft: Die eigenen Glaubenssätze unter die Lupe nehmen

Meine 1. Maßnahme besteht darin, die eigenen Rollenvorstellungen genau anzusehen:

👩🏻‍🦰 Sollen die Kund*innen/Kolleg*innen gar nicht mitbekommen, dass ich Mutter bin?

👩🏻‍🦰 Glaube ich: Als Mutter leidet die Qualität meiner Arbeit?

👩🏻‍🦰 Traue ich dem anderen Elternteil die Care-Arbeit nicht zu?

Diese Glaubenssätze erzeugen Stress! Sie sind keine Seltenheit und wie Klebstoff für eine klassische Rollenverteilung in einer heternormativen Kernfamilie.

 

Extratipp: Wandeln Sie Ihre negativen Glaubenssätze in hilfreiche um!

Schreiben am besten Ihre negativen Glaubenssätze in Bezug auf die Vereinbarkeit von Job und Mutterrolle auf! Und wandeln Sie sie ins Positive um:

👩🏻 Ich bin Mutter und gut in meinem Beruf – beides kann nebeneinanderstehen und richtig sein („sowohl – als auch“ statt „entweder – oder“ reduziert Spannung)

👩🏻 Als Mutter habe ich einen ganzheitlichen Blick in meinem Job oder

👩🏻 Der andere Elternteil macht es anders als ich und gut!

Das wäre ein 1. Schritt, ich versuche ihn immer wieder aufs Neue – es klappt auch einigermaßen.

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